Interview

Interview mit Gaudenz von Capeller, Geschäftsleitung Business Parc geführt von Kathrin Cuomo Sachsse

«Der CEO ist der Chefverkäufer»

Gaudenz von Capeller leitet seit Jahresbeginn den  Business Parc Reinach und Liestal. Der Betriebsökonom und Unternehmer hat Freude daran, seine Erfahrungen und sein breites Wissen weiterzugeben. Beim Coaching rät er angehenden FirmengründerInnen, sich gut vorzubereiten und «auf die Kundschaft und eigenen Sales-Kompetenzen zu fokussieren». Welche Strategie künftig einschlägt, nachdem er bereits 25 Jahre die Startup-Szene in der Region geprägt hat – das verrät der Unternehmer und Finanzexperte im Interview:

Gaudenz, wie fühlst du dich nach einem halben Jahr als Geschäftsführer im Business Parc?

Gaudenz von Capeller: Sehr gut. Coaching macht mir grossen Spass und ist eine dankbare Aufgabe. So schätzen angehende FirmengründerInnen meine Tipps und die Unterstützung durch den Business Parc. Ich habe inzwischen viele interessante Menschen kennengelernt und tolle Ideen bzw. Konzepte gesehen (schmunzelt.) Ich bin zuversichtlich, dass daraus wiederum viele erfolgreiche Jungunternehmen hervorgehen.

Ist es heute einfacher oder schwieriger, sich selbstständig zu machen?
Gründen liegt im Trend. So gibt es mehr Startups. Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Start sind jedoch dieselben geblieben.

Und die wären?

Eine gute Vorbereitung ist der Schlüsselfaktor. Dazu gehören ein Business-, Finanz- und Umsetzungsplan: Oft gilt es, zunächst eine gute Idee zu konkretisieren. Weiter sollten sich angehende GründerInnen fragen, welchen Nutzen ihr Angebot erbringt, wer die Abnehmenden sind und ob es einen Markt für das Produkt, die Dienstleistung gibt.
Ein sorgfältig entwickeltes Mengengerüst  zu den zu erwartenden Umsätzen, Kosten und Investitionen erhöht zudem die Erfolgswahrscheinlichkeit.
Und nicht zuletzt sollte man wissen, was alles bis zum Start der Unternehmung zu erledigen ist.

Wieviel Geld sollte man für die Firmengründung zur Seite legen?
In jedem Fall sollte man die Mittel für die ersten Investitionen respektive den Cash-Bedarf bereitstellen fürs Eigenkapital und für die Fixkosten in den ersten Monaten wie Miete, Buchhaltung, Versicherungen, Marketing etc.
Die Beträge hängen natürlich von der gewählten Rechtsform der Firma (ob AG, GmbH oder Einzelfirma) und vor allem von der Branche ab. So ist es ein Unterschied, ob ich eine Dienstleistungs-, Handels- oder Herstellungsfirma aufbaue und «bloss» ein Büro mit PC bereitstellen oder noch Werkstatt und Lagerraum sowie Rohstoffe/Materialien für die Produktion finanzieren muss.

Welche Finanzierungsformen/Finanzquellen sollte man zu Beginn einsetzen?
Angehende GründerInnen sollten das Start-Eigenkapital selbst bereitstellen – egal, ob sie es zusammensparen oder von Bekannten ausleihen. Gründung und Aufbau der eigenen Firma via Fremdkapital von Finanzinstituten zu stemmen, ist bis zu den ersten Umsätzen fast unmöglich. Zur Finanzierung des Wachstums kommen später wiederum die Banken in Frage.
Oft müssen JungunternehmerInnen in der Anfangszeit ihre Ansprüche stark zurückschrauben. Das heisst auch bereit zu sein, weniger zu verdienen, etwa mit einem niedrigeren Lohn als gewohnt.
Und wenn nur ein Teil des Geschäftskonzepts realisiert werden kann, dann empfiehlt es sich, für die ersten drei Jahre einen Verzichtsplan zu machen.

Was rätst du angehenden FirmengründerInnen, um nachhaltig erfolgreich zu sein? Welche unternehmerischen Erfahrungen kannst du hier selbst mit einbringen?

Ich war Chief Financial Officer bei diversen Firmen aus der Biotech-, Immobilien- und ICT-Branche, u.a. Verwaltungsrat und habe als Geschäftsführer einen 500-MA-Betrieb geleitet. Aus all diesen Funktionen habe ich mitgenommen, wie wichtig Kundenfokussierung und Sales-Kompetenzen sind:

Der CEO ist der Chefverkäufer – bei der Gründung und beim Wachstum der Firma muss sich diese(r) selbst in die Akquisition involvieren und am Ende «den Sack zu machen». Dazu gehört auch, die «wichtigen»/grossen KundInnen persönlich zu besuchen.

Ausserdem gilt, sich auf die wesentlichen Aktivitäten zu fokussieren und bei den Angeboten, beispielsweise beim Pricing, nicht zu verzetteln.
Als Unternehmer  weiss ich natürlich auch, dass man im Business- und Finanzplan immer zeitliche und finanzielle Reserven einbauen sollte.
Und im Team musst du alle wesentlichen Kompetenzen beieinander bzw. Zugang dazu haben.

Auch der Business Parc vermittelt mit seinem kompetenten Team und breiten Netzwerk jede Menge Expertenwissen. Welches ist das Erfolgsrezept des Gründungszentrums, das dieses Jahr sein 25-jähriges Jubiläum feiert?

Der Business Parc ist eine fest verankerte Anlaufstelle, Schmiede und auch Sitz für Startups verschiedenster Branchen in der Region.
Vom Gewerbetreibenden bis zum IT-Dienstleistenden – bei uns können Jungunternehmen internes oder externes Mitglied werden und gleich gut gerüstet an den Start gehen.
So verfügen wir mit unserem Mehrsäulen-Prinzip über ein umfassendes (Förder-) Angebot. Dieses deckt bei der Gründung und weiteren Entwicklung bis zur Nachfolgeregelung – neben der kostenlosen Beratung – auch massgeschneiderte Räumlichkeiten sowie praktische Services ab.
Wir veranstalten zudem regelmässig Events, verknüpft mit vielen Vernetzungs-Möglichkeiten in unserer Community.
Ein Erfolgsausweis ist, dass wir in den letzten 25 Jahren über 1000 Firmengründungen  begleitet haben, von denen viele lange Zeit bzw. immer noch erfolgreich auf dem Markt agieren. Die Überlebensquote liegt bei über 95 Prozent.

Wo setzt ihr in Zukunft die Schwerpunkte?

Unsere bewährte Strategie wollen wir mit leichten Anpassungen grundsätzlich fortsetzen.

Beispielweise konzentrieren wir uns nicht nur auf Neugründungen. So gibt es in der Schweiz bekanntlich etliche Unternehmen, die zur Übernahme bzw. zum Verkauf stehen. Hier unterstützen wir die NachfolgerInnen, die keine Gründungserfahrung haben, und helfen ihnen dabei, ihre Firma zu führen und allenfalls ein eigenes erfolgreiches Geschäftsmodell zu entwickeln und etablieren.

Wie sieht es mit den Raum- und Service-Angebot aus?

Wir verfolgen immer eine möglichst hohe Belegung unserer Räume in Reinach und Liestal.
Ein weiteres Ziel ist, dass mehr externe Mitglieder von unserem Angebot profitieren. FirmengründerInnen, die kein eigenes Büro mieten wollen, finden bei uns zu einer erschwinglichen Monatspauschale alles, was sie für den Start brauchen: vom Drucker über den Empfang und die Cafeteria bis zum Sitzungszimmer mit modernem Beamer und Auftritt auf unserer Website. Auch externe Mitglieder bekommen Einladungen zu unseren regelmässigen Veranstaltungen, können online Reservationen tätigen, sich die Post aushändigen lassen oder ihre Anrufe bei Abwesenheit an unser Sekretariat umleiten.
So oder so – Jungunternehmende bzw. Startups erhalten bei uns ein professionelles Umfeld, auch um sich gegenüber KundInnen und BesucherInnen im besten Licht zu präsentieren.